The “Holistic Home” and the dark side of MODERN WORK
Oder die Frage: Müssen wir Change Management neu denken? Ein Jahr „Holistic Home“ – von Home Schooling, virtuellen Treffen mit Freunden, Familie, Online-Sport- und Yogakursen, Konzerten, Lesungen, Spieleabenden, Betriebsfeiern und einen virtuellen Weihnachtsmarkt – und kein wirkliches Ende in Sicht. Mittlerweile taucht bei mir und auch bei vielen Freunden und Kollegen*innen im Homeoffice eine gewisse Müdigkeit auf, die auf die Stimmung schlägt. Gefühlt wird es immer schwieriger, die Arbeitswelt von der privaten Welt zu trennen.
Irgendwie ist alles gleich und fließt zunehmend ineinander. Und doch treibt gerade jeder für sich auf seinem Homeoffice-Floß irgendwo vor der Insel, auf der einmal sein alter Arbeitsplatz war. Lernen wir gerade die „dark side of modern work“ kennen? Und wie schaffen wir es, uns wieder verbunden zu fühlen? Welche neuen Change-Faktoren benötigen wir?
Vom Vakuum zurück zu mehr Verbundenheit
Vor eineinhalb Jahren habe ich ein Whitepaper zum Thema „Change Management“ verfasst mit dem Titel „Digital Times“. Angelehnt an Charlie Chaplin als Tramp in „Modern Times“ sind wir heute nicht mehr in der Maschinerie der Industrialisierung gefangen, sondern stecken mitten in der digitalen Transformation, aber mit ähnlichen Auswirkungen auf den Menschen.
Denken wir jetzt in diesem Bild weiter, kam nach der Industrialisierung die große Weltwirtschaftskrise. Ein gesellschaftliches Loch, ein Vakuum tat sich auf. Existenznot und Hunger plagten während dieser Zeit die Menschen im 21. Jahrhundert. Heute, etwa 100 Jahre später werden wir, wenn auch mit mehr Komfort, durch die Corona-Pandemie in ein ähnliches Vakuum katapultiert. Derzeit kriecht ein Paradox in unseren Alltag. Auf einmal sind wir mit sehr viel Freiheit konfrontiert, und zwar in einer Zeit, in der wir durch Verbote eingeschränkt werden. Wie geht das?
Die Maßnahmen zum Eindämmen der Pandemie schneiden uns schlicht von dem ab, womit wir in unserem Alltag verbunden waren. Sie trennen uns von gewohnten Strukturen, in die wir fest eingebunden waren. Egal ob im Unternehmen bei der täglichen Arbeit, in der Schule, Universität, im Verein, bei Freizeitangeboten in Sport-, Kunst- und Kulturgruppen, überall dort kannten wir unsere Aufgaben und wir waren in das Geschehen fest verankert.
Zieht sich das öffentliche Leben und das Gewohnte zurück, entsteht eine Freiheit, in der wir radikal auf uns selbst zurückgeworfen werden. Zu Beginn der Pandemie war noch alles neu. Die Situation musste erst einmal erfasst und auch im Unternehmen irgendwie geregelt werden. Es gab Hygiene-Konzepte für das Arbeiten vor Ort und es gab Konzepte für einen schnellen Weg ins Homeoffice. Diese neuen Umstände haben uns bei der Arbeit sowie bei der Organisation von Freunden und Familie auf Trab gehalten. Sie haben uns beschäftig, wir haben diskutiert, Zahlen gelesen und insgeheim als Expert*Innen mit evaluiert.
Für viele Unternehmen begann ein harter Kampf, eine Umorientierung oder eine zunehmende Digitalisierung. Und jetzt? Angekommen in diesem perspektivlosen „New Normal“ ohne ein Datum und ohne einen handfesten Plan aus dieser Krise, fragen sich gerade immer mehr: Wie halte ich das aus? Wie halte ich mich aus? Wo schwimme ich gerade hin? Und wie mache ich alles wieder für mich greifbar und verbunden?
Arbeitsalltag im „Holistic Home“. Wie überwinden wir die „dark side of Modern Work“?
Dank Modern Work Technologien, wie beispielsweise Microsoft Teams und die gesamte Office 365 Welt, können Sie rein technologisch betrachtet im Homeoffice perfekt remote zusammenarbeiten. Geschuldet dem Tempo wurden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oft mit einem Minimum an Change Management in diese neuen Arbeitsmethoden hineingeworfen. Viele bemühen sich gerade, um eine bessere Organisation und um mehr Produktivität und bauen ihr Prozess-, Informations- und Wissensmanagement weiter aus. Alles richtig und aus Sicht eines Consulting-Dienstleisters: Daumen hoch. Doch wo bleibt der Mensch dabei?
Nach genau einem Jahr Remote-Work und einem Leben im „Holistic Home“ behaupte ich mal, dass unsere bisherigen Change Management Konzepte allein nicht mehr ausreichen. Viele Modern Work Konzepte richten sich einfach an eine Zeit vor der Pandemie. Diese Konzepte müssen jetzt erweitert werden, denn schließlich war „Modern Work“ nicht dafür gedacht, in einen New Normal von „Holistic Home“ zu enden.
Nach einer Umfrage des Digitalverbandes Bitkom freuen sich bereits viele wieder darauf, im Büro zu arbeiten. Für 62 Prozent der Beschäftigten mit Homeoffice-Erlaubnis sind dabei soziale Gründe ausschlaggebend. Jedoch ist die Mehrheit aller Erwerbstätigen derzeit davon überzeugt, dass sich ortsunabhängiges Arbeiten immer stärker durchsetzen wird. 53 Prozent erwarten, dass der Anteil der Mitarbeiter*innen, die ganz oder teilweise im Homeoffice arbeiten, in den kommenden fünf Jahren steigen wird. Microsoft stellte als Antwort darauf im Februar 2021 mit Viva eine intelligente Software für mehr Employee Experience vor, die sich komplett auf eine virtuelle Arbeitswelt einstellt.
Was brauchen wir jetzt, um wieder mehr Licht in „the dark side of modern work“ zu bekommen?
Wenngleich wir aktuell im Crashkurs positive Erfahrungen mit Modern Work Technologien machen, stellt sich die Frage: Wie gehen wir mit der generellen Isolation und sozialen Reduktion durch die Pandemie? Was brauchen wir jetzt?
1. Wir brauchen eine empathische Führung!
Um eine Krise erfolgreich zu meistern, sind natürlich viele Aspekte nötig. Einer davon ist eine empathische Führung. Empathie ist generell von Vorteil und mehr noch, sie stützt den Erfolg moderner Unternehmen. Empathie, so sagt auch der Microsoft CEO Satya Nadella, ist ein Schlüssel, um bessere Produkte zu entwerfen und besser zu führen. „Empathie ist der Schlüssel zu fast allem.“
Ein empathischer Führungsstil kombiniert bestenfalls die „Emotionale Empathie“ (mitfühlen können) und die „Kognitivie Emphatie“ (sich in die Gedankenwelt des anderen hineinzuversetzen). Gelingt dies, steuern wir auf eine Form wichtiger sozialer Empathie zu. Sie ermöglicht es, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und daraus ein Verhalten der Gruppe abzuleiten. Im besten Fall werden die daraus gewonnenen Erkenntnisse gleich mit passenden Lösungsstrategien verknüpft. Dazu gehört auch, dass Führungskräfte die Fähigkeit besitzen, emotionale Probleme offen anzusprechen. Sie sollten sich besonders in Krisenzeiten die Frage stellen: Wie unterstütze ich mein Team, damit es jetzt und demnächst gut arbeiten kann?
2. Wir brauchen starke Werte und Anker im Unternehmen, die in Krisenzeiten Halt geben!
Starke Werte und Leitsätze können in Krisenzeiten Kraft geben. Doch bloße Phrasen – mal eben aus dem Boden gestampft – funktionieren nicht. Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen den Spirit spüren und die Werte sollten in der Unternehmenskultur authentisch gelebt werden. Nehmen Sie sich Zeit, um entweder ihre Leitsätze zu stärken oder vielleicht auch, um neue zu entwickeln und beziehen Sie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesen Prozess mit ein. Je greifbarer die Werte und Leitsätze sind, je besser helfen sie bei der Orientierung und können so auch in Krisenzeiten Sicherheit geben und das Gemeinschaftsgefühl stärken. Bündeln Sie Entitäten zu einem kollektiven Ganzen und sorgen Sie für gelebte Verbundenheit.
3. Wir brauchen mehr Verbundenheit, um die Teams zu stärken!
„Be connected!“ Fehlende Verbundenheit zum Unternehmen, zu den einzelnen Teams und den Kolleginnen und Kollegen schwächt die Motivation und bremst die Kreativität und das Engagement. Wenn sich also zukünftig im „New Normal“ und in der Zeit danach virtuelle Zusammenarbeit mehr und mehr durchsetzen soll, brauchen Sie Ideen, Konzepte und vor allem Angebote, wodurch sich die Menschen verbunden fühlen. Eine virtuelle und auch schon eine hybride Arbeitswelt stellt uns vor neue Herausforderungen, die wir angehen müssen, um auf die nächste Phase „Modern Work“ vorbereitet zu sein. Schaffen Sie positive Anreize und bieten Sie Aktivitäten an, die die Gemeinschaft und das Wohlbefinden fördern. Um die Mitarbeiter*innen wieder mehr zu verbinden und gefühlsmäßig aus der Insel „Homeoffice“ wieder neu an den Hafen „Unternehmen “ anzubinden!
4. Wir brauchen kreative Freiräume, die auch virtuell abteilungsübergreifend funktionieren!
Der fehlende persönliche und vor allem auch der abteilungsübergreifende Austausch im Unternehmen nagen derzeit an der Kreativität. Oft fehlen die Sichtweisen von Kolleginnen und Kollegen, die aus anderen Fachabteilungen Problematiken, Wünsche und Belange der Kunden noch einmal anders betrachten. Sie steuern durch ihren Blickwinkel wichtigen Input bei. Wenn wir nicht aufpassen und uns disziplinieren, passiert uns bei der virtuellen Zusammenarbeit das gleiche, wie bei der derzeitigen Recherche im Netz: Durch den hilfreichen Service intelligenter Algorithmen bleiben wir auch schnell in der „Blase“ eigener Interessen und Gedankenrichtlinien gefangen.
5. Wir brauchen überarbeitete Change-Konzepte, die Menschen in Krisenzeiten unterstützen und in der virtuellen Arbeitswelt ankommen lassen!
Unsere bisherigen Change-Konzepte, beispielsweise basierend auf der Prosci-Methode, werden nicht hinfällig. Sie begleiten den Change-Prozess nach wie vor gut. Aber in Krisenzeiten und bei einem Wandel, der durch die Corona-Pandemie radikal in den Arbeitsalltag eingeschlagen ist, brauchen wir mehr. Wir benötigen erweiterte Change-Konzepte, die noch näher auf die Menschen und ihre neue virtuelle Arbeitswelt eingehen und sie da abholen, wo sie gerade stehen. Denn auch nach der Pandemie werden wir nicht einfach zurückkehren, sondern werden uns in einer neuen hybriden Arbeitswelt einfinden, die sich ständig weiterentwickeln wird.
Fazit:
Die Antwort auf die Frage „Müssen wir Change Management neu denken?“ wäre also: Wir müssen Change-Prozesse nicht neu – aber weiterdenken und die aktuellen Einflüsse mit einbeziehen. Dafür ist es wichtig, dass Unternehmen durch empathische Führung Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter da abholen, wo sie gerade stehen. Ebenso ist es nötig, dass sie wieder neu an das Unternehmen „angebunden“ werden und sich in der virtuellen Arbeitswelt neu vernetzen. So kann zumindest im Arbeitsalltag ein Teil des Vakuums überwunden werden.
Erweiterte Change-Konzepte helfen dabei, in Krisenzeiten Halt zu geben und das Teamwork und die Zusammenarbeit in einer zunehmend virtuellen Arbeitswelt neu zu festigen. Starke Werte und authentische Leitsätze helfen dabei, sich neu und gemeinschaftlich auszurichten, doch allein mit Leitsätzen ist es nicht getan. Zu einem neuen Fahrplan gehören auch Aktivitäten in lokalen Communities und virtuellen Gemeinschaften. Unternehmen benötigen also ganz konkret Ideen, wie sie sich virtuell vernetzen, Nähe aufbauen und sich emotional neu verbinden.
Im ersten Zug haben beispielsweise Regelmeetings die weggebrochene Arbeitsstruktur ersetzt. Soziale Defizite konnten vorerst auffangen werden. Doch mittlerweile schießen sie wie Pilze aus dem Boden. Deshalb stellt sich die Frage, ob die Produktivität noch gegeben ist, oder ob nur kompensiert wird, was durch richtige Change-Maßnahmen viel sinnvoller gestaltet werden kann.
Möchten Sie mehr über die Notwendigkeit von Change Management erfahren, kontaktieren Sie uns. Unsere zertifizierten Change-Experten*innen unterstützen Sie auch bei Ihrem Change-Prozess. Oder besuchen Sie einen unserer kostenlosen Modern-Work-Workshops.
Wir beraten Sie gerne!